Vier Jahre war Ifat Reshef Botschafterin des Staates Israel in Bern. Im Gespräch mit factum zieht sie Bilanz, spricht über Erfolge und Herausforderungen und was ihr besonders am Herzen liegt.
Interview: Raphael Berger
6. Oktober 2025

factum: Ifat Reshef, Ende Juli 2025 endete Ihre vierjährige Amtszeit als Botschafterin des Staates Israel in Bern. Bevor Sie Bilanz ziehen: Was ist die Aufgabe eines Botschafters?

Ifat Reshef: Botschafter vertreten ihr Land in einem anderen Staat oder bei einer internationalen Organisation. Ich bin daher der Überzeugung, dass es für eine Botschafterin wie mich die wichtigste Aufgabe ist, die bilateralen Beziehungen mit dem Gastland in allen möglichen Bereichen zu stärken, zu fördern und weiterzuentwickeln, sowie das Verständnis für die Situation, Dilemmata, Herausforderungen und Entscheidungen des eigenen Landes bei Entscheidungsträgern, Meinungsbildnern und der breiten Öffentlichkeit des Gastlandes zu verbessern.

Diese Aufgabe wurde für mich nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober und dem daraus resultierenden Krieg, der leider noch immer andauert – aufgrund der Entschlossenheit der Hamas, die Macht nicht abzugeben –, noch bedeutender.

factum: Was ziehen Sie für eine Bilanz?

Reshef: Die Schweiz ist ein wunderschönes Land und ich habe es sehr genossen, hier zu sein; die herrliche Landschaft, das hervorragende Essen, die reichen Traditionen und die gastfreundlichen Menschen. Dennoch waren die Zeiten schwierig, insbesondere in der zweiten Hälfte meiner Mission, als der von der Hamas begonnene Krieg gegen Israel andauerte und sich durch Angriffe weiterer iranischer Stellvertreter sogar auf zusätzliche Fronten ausweitete.

Es sind schmerzhafte und schwierige Tage für Israelis – in Israel und im Ausland –, da sich 50 unserer Mitbürger weiterhin in der grausamen Gefangenschaft der Hamas befinden und weltweit eine massive Hetze gegen Israel stattfindet, begleitet von einer beispiellosen globalen Welle des Antisemitismus.

factum: Von welchen Ereignissen waren diese vier Jahre geprägt?

Reshef: Als ich in die Schweiz kam, standen wir noch unter den Einschränkungen und Herausforderungen der Corona-Pandemie. Dann folgte der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der bis heute andauert. Auch Israel war in eine intensive und schmerzhafte innenpolitische Debatte über Reformen unseres politischen Systems und des Justizsystems vertieft – eine Debatte, die weiterhin anhält. Dann kam das Massaker vom 7. Oktober, das für uns alles verändert hat – in einem Ausmass, das bis heute noch nicht vollständig erfasst werden kann.

factum: Wo setzten Sie die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?

Reshef: Ich würde sagen, dass sich die erste Hälfte meiner Mission hier vor allem darauf konzentrierte, die bilateralen Beziehungen in verschiedenen Bereichen zu stärken und zu vertiefen; etwa in der Zusammenarbeit bei Innovation und wissenschaftlicher Forschung. Die letzten zwei Jahre hingegen waren grösstenteils dem Ziel gewidmet, das Verständnis für Israels Politik und Handeln zu fördern.

factum: Was für Erfolge konnten Sie verbuchen?

Reshef: Jeder Erfolg, auf den ich verweisen kann, ist selbstverständlich nicht nur mein eigenes Verdienst, sondern vielmehr das Ergebnis der Arbeit und Unterstützung vieler guter Menschen, einschliesslich Vertretern der Schweizer Regierung, des Parlaments und der Zivilgesellschaft.
Ein prominentes Beispiel dafür ist die Einstufung der Hamas in der Schweiz als terroristische Organisation sowie der Aufruf des Parlaments an den Bundesrat, dasselbe auch mit der Hisbollah zu tun. Eine weitere wichtige Entwicklung war die verstärkte parlamentarische Aufsicht über die Hilfeleistungen der Schweiz an problematische Organisationen im Nahen Osten, allen voran an die UNRWA im Gazastreifen.

factum: Was ist nicht so gelaufen, wie Sie sich das erhofft und gewünscht haben? Was hat Sie zermürbt?

Reshef: Das Massaker vom 7. Oktober ereignete sich während der Zeit, in der die Schweiz Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen war. Es hat mich stets enttäuscht, wenn die Schweiz für Resolutionen gestimmt hat, die es aus politischen Erwägungen heraus versäumten, die Hamas zu verurteilen oder das Massaker auch nur zu erwähnen.

Über das Ende meiner Amtszeit hinaus bereitet mir insbesondere der Anstieg des Antisemitismus – auch in der Schweiz – grosse Sorge. Ich bin überzeugt, dass wir alle mehr tun müssen, um dieser gewaltigen He­rausforderung zu begegnen.

factum: Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der Schweizer Regierung und dem Parlament wahrgenommen?

Lesen Sie das ganze Interview in factum 05/2025