Forscher des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie haben festgestellt, dass zwei Pflanzen völlig unterschiedlicher Arten denselben Naturstoff, die medizinisch interessanten Ipecacuanha-Alkaloide produzieren )1). Aus evolutionsbiologischer Sicht kann das nicht erklärt werden.
Thomas Lachenmaier
23. August 2025

Die Brechwurzel (Carapichea ipecacuanha) gehört zur Familie der Enziangewächse. Das Salbeiblättrige Alangium (Alangium salviifolium) stammt aus der Familie der Hartriegelgewächse. Beide Pflanzen stellen aber die sehr spezifischen Ipecacuanha-Alkaloide her. Ein Extrakt aus der Brechwurzel («Ipecacuanha-Brechmittel») war bis in die 1980er-Jahre ein weit verbreitetes apothekenpflichtiges Arzneimittel (vor allem in Nordamerika), das zum Auslösen von Erbrechen bei Vergiftungen eingesetzt wurde. Wie kann es nun sein, dass ein so komplexer Naturstoff, der für die Pflanze, die ihn produziert, wichtig ist, auch in Pflanzenarten vorkommt, die nicht miteinander verwandt sind und die aus evolutionsbiologischer Sicht unabhängig voneinander entstanden sind? 
Professorin Maite Colinas, Leiterin der Projektgruppe Evolution und Regulierung der Biosynthese von Naturstoffen am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (Jena) erklärte, der letzte gemeinsame Vorfahre der beiden Arten habe vor mehr als 100 Millionen Jahren gelebt; «daher stellten wir die Hypothese auf, dass die beiden Arten unabhängig voneinander Wege zur Herstellung von Ipecacuanha-Alkaloiden entwickelt haben».

Bei der Evolutionstheorie geht man davon aus, dass sich Organismen und Naturstoffe in extrem langen Zeiträumen zufällig und nicht zielgerichtet durch fehlerhafte Reproduktionen im Genom (sogenannte Mutationen) entwickelt haben. Dass bei dieser Zufälligkeit ungesteuert komplexe und für den entsprechenden Organismus sinnvolle oder notwendige Substanzen entstehen können, ist für sich genommen bereits extrem unwahrscheinlich. Dass sich identische hochkomplexe Substanzen mit ihren staunenswerten Eigenschaften aber gleich mehrfach und unabhängig voneinander bei gänzlich verschiedenen Organismen entwickelt haben sollen, das scheint ausgeschlossen. Ohne diese Hypothese ist die Evolutionstheorie aber nicht haltbar.
Jedes weitere Beispiel, welches entdeckt wird, macht die Theorie von der stufenweisen Evolution von Tieren, Pflanzen und Organismen weniger wahrscheinlich. Umso mehr Erkenntnisse Wissenschaftler der verschiedensten Fachgebiete haben, umso schwieriger wird es, sie in das Erklärungsmodell der Evolutionstheorie zu integrieren. 
1    https://www.nature.com/articles/s41589-025-01926-z

Meldung aus factum 04/2025