Gott will, dass unser Leben nicht von Sorge bestimmt ist, sondern dass wir echte Freude haben – mehr als Spass oder Vergnügen. Die Bibel beschreibt die Wege und die Quelle wahrer Freude.
Dr. Siegbert Riecker
17. April 2023

«Manchmal frage ich mich, ob nicht alle Vergnügungen ein Ersatz für die Freude sind», beobachtet der englische Schriftsteller Clive Staples Lewis in seinem Buch «Überrascht von Freude». Schon die Bibel stellt fest, dass Spass und Vergnügen nicht automatisch ein fröhliches Herz bedeuten: «Auch beim Lachen kann das Herz trauern» (Spr. 14,13). Kurz vor seinem Tod blickt der jüdische Psychologe Erich Fromm zurück auf unsere westliche Gesellschaft und sieht eine Welt «freudlosen Vergnügens». Was aber ist Vergnügen im Unterschied zu Freude?

Die westliche Welt des «freudlosen Vergnügens»

Zunächst einmal: Freude und Vergnügen sind etwas grundsätzlich Gutes. Gott hat uns zu beidem geschaffen. Schwierig wird es nur, wenn wir das eine gegen das andere ausspielen – oder wenn wir Auslöser für Freude suchen, die seinem guten Willen widersprechen. Beim Vergnügen geht es darum, Sehnsüchte zu befriedigen, Wünsche zu erfüllen. Es geht um Euphorie durch Aktivität, Unterhaltung, durch Erfolg haben, Geld verdienen oder ausgeben, durch einen Sieg im Sport. Man fühlt sich wie auf einem Gipfel. Aber auf den Triumph folgt die Niedergeschlagenheit, die Enttäuschung, dass es vorbei ist. Und man stellt fest, dass man derselbe geblieben ist. Freude dagegen ist keine Ekstase, kein Gipfelerlebnis, das abrupt endet, sondern eher ein Plateau, ein Gefühlszustand, der andauern kann. Freude ist das, wonach wir uns sehnen.

Der New Yorker Kinderarzt Robert Lustig schrieb 2017 ein Buch mit dem interessanten Titel «The Hacking of the American Mind» (zu Deutsch etwa: «Wie das Gehirn der Amerikaner umprogrammiert wird»). Als Arzt bringt Lustig diese beiden Zustände – Vergnügen und Freude – in Verbindung mit zwei Neurotransmittern, Botenstoffen im Gehirn: Dopamin und Serotonin. Vielleicht ist seine Darstellung etwas vereinfachend, aber für den medizinischen Laien umso verständlicher: Dopamin ist der Belohner und sorgt für Vergnügen. Es wird ausgeschüttet, wenn ich ein Ziel erreiche und erzeugt ein Gefühl der Euphorie. Es ist ein «Stimmungsbooster» für kurze Zeit. Serotonin hingegen ist ein Stabilisator und sorgt für Freude. Ist genügend Serotonin vorhanden, fühlt sich der Mensch glücklich und zufrieden. Ist zu wenig da, kann es zu depressiven Verstimmungen kommen.

Der Mensch braucht beide Botenstoffe in einem gesunden Gleichgewicht. Heute ist es möglich, nicht nur Dopamin, sondern auch Serotonin durch Drogen und Medikamente zu steigern und zu «triggern». Das hat natürlich immer seinen Preis, etwa die Gefahr von Nebenwirkungen und Abhängigkeiten. Deshalb stellt sich die Frage, ob nicht auch das Leben selbst solche «Trigger» bietet, um mir den Griff zur Pille zu ersparen?

Heute fehlt vielen Menschen ein gesunder Grundspiegel an Serotonin, das Gefühl von Freude und Zufriedenheit. Und genau diese Sehnsucht bedient die Werbeindustrie: behagliche Wärme, glänzende Kinderaugen. «Iss diesen Joghurt, dann erlebst du Geborgenheit!» Verkauft wird dann aber Dopamin, der schnelle Kick auf Knopfdruck. Der Joghurt verpasst mir tatsächlich den Zuckerrausch meines Lebens. Danach geht es mir aber noch schlechter als vorher. Und die Sehnsucht nach Freude ist sogar noch grösser geworden.

Digitale Vergnüngungsklicks mindern die Freude

Mit dem Smartphone können sich traurige Menschen durch kleine Dopamin-Kicks ständig bei Laune halten: eine neue Nachricht, jemand denkt an mich. Ein «Like», ein Kurzvideo und noch eines und noch eines. Ständige kleine Kicks. Wir greifen im Schnitt alle 18 Minuten zum Handy, 53 Mal am Tag. Das Problem dabei ist: Dopamin senkt den Serotonin-Spiegel. Je mehr Mini-Gipfel­erlebnisse und Enttäuschungen, desto geringer die Freude. Erste Ansätze und Versuche, dieser Abwärtsspirale zu entkommen, findet man unter den Stichworten «Dopamin-Fasten» oder digitale Entgiftung (Digital Detox).

Ich kann kurzes Vergnügen also tatsächlich auf Knopfdruck hervorrufen – durch Trigger, die Dopamin gezielt ausschütten. Geht das auch mit Freude? Was kann ich tun, wenn ich innerlich leer und traurig bin? Wenn alle um mich herum echte Freude erleben, bei mir jedoch nichts davon ankommt? Gibt es ausserhalb des medizinischen Bereichs «Joy-Trigger», Auslöser für Freude?

Lesen Sie den ganzen Artikel in factum 03/2023