
Die Sonne dient Bienen auf dem Rückweg zu ihrem Stock als eine Art Kompass. Dank des speziellen Aufbaus ihrer Facettenaugen können sie Muster aus polarisiertem Licht am Himmel analysieren, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Ein Forschungsteam der Universität Konstanz und der Universität Ljubljana hat nun entdeckt, wie das Bienenauge dies ermöglicht.1
Die Facettenaugen der Bienen weisen zwei unterschiedliche Areale auf. Der Grossteil der Facetten erzeugt ein scharfes Bild der Umgebung. Im oberen Bereich des Auges gibt es jedoch eine Gruppe von Facetten, die anders funktionieren. In diesem gegen den Himmel gerichteten Bereich des Bienenauges entdeckten die Forscher, dass ein Signal, das eine Zelle aufnahm, auch in anderen registriert wurde. Diese Verbindung erzeugt ein weniger detailliertes, dafür aber genaueres Bild des polarisierten Lichts am Himmel. So wird die Biene nicht geblendet, obwohl sie mit diesem Teil des Auges permanent in den Himmel schaut. Die verringerte Empfindlichkeit verhindert jedoch zugleich die Wahrnehmung kleinerer Veränderungen am Himmel – die Biene sieht nach oben also verschwommen. Doch das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Das unscharfe Abbild der Umgebung könnte dazu dienen, Unwichtiges auszublenden und sich auf das grosse Ganze zu konzentrieren. «Eine Biene registriert und analysiert das Polarisationsmuster des Lichts am Himmel und schlussfolgert daraus den Stand der Sonne. Danach richtet sie ihren inneren Kompass aus. Störfaktoren wie Wolken oder immer wechselnde Äste über ihnen werden dabei schlicht nicht wahrgenommen», fasst Georgios Kolyfetis, Doktorand der Neurobiologie an der Universität Konstanz, zusammen.
1 https://doi.org/10.1098/rsbl.2025.0234
Meldung aus factum 06/2025