Zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung liessen sich 2022 wegen psychischen Problemen behandeln. Besonders betroffen: Junge Frauen im Alter von 15–24 Jahren. Eine Studie in den USA bestätigt, dass auch dort junge Frauen überdurchschnittlich häufig depressiv sind. Allerdings mit einem interessanten Detail: Je weiter links die Frauen politisch verortet sind, desto depressiver.
factum-Redaktion
15. Juni 2023

Mit circa 50 Prozent neigen junge, linke Frauen der Generation Z (Jugendliche, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden) weitaus am häufigsten zu psychischen Krankheiten und Verstimmungen. Deutlich weniger betroffen sind mit etwa 30 Prozent «moderate» Frauen, bei den «konservativen» jungen Frauen sind es rund 20 Prozent.

Nach dem amerikanischen Sozialpsychologen Jonathan Haidt zeigten viele Elemente einer linken Weltanschauung starke Ähnlichkeiten mit dem Umgang mit der Realität, der bei schwer depressiven Menschen zu erkennen ist. Dazu gehöre die Tendenz, alles als Katastrophe zu erleben und sich selbst nicht als handelnde und gestaltende Person, sondern als Opfer zu sehen. Regula Lehmann schreibt als Fazit in einem Beitrag für die Stiftung Zukunft CH, dass «ein gesundes Mass an Forderung und Druck Jugendliche nicht zerstört, sondern sie zu starken und lebenstüchtigen Menschen heranreifen lässt». Es sei Zeit, Kindern anstelle von Katastrophenmeldungen wieder gemütsbildende Geschichten vorzulesen und mit ihnen die Realität zu erkunden, statt schon die Kleinsten vor dem Smartphone vereinsamen zu lassen, so Lehmann.

Ähnlich erschreckende Ergebnisse gibt es auch in der Schweiz, wie eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) zeigt. Demzufolge hat jede achte Person (13,5 Prozent) so starke psychische Symp­tome, dass sie in ihrem Alltag eingeschränkt ist oder Suizidgedanken hat, zehn Prozent sind deswegen in Behandlung. Besonders betroffen sind auch hier die 15–24-jährigen Frauen. 36 Prozent geben «schwere Symptomausprägungen» an, rund 30 Prozent leiden unter mittleren bis schweren Depressionssymptomen, 29 Prozent unter einer sozialen Phobie. Ebenfalls gibt es ein geografisches Gefälle. So sind Angststörungen in der französischsprachigen und italienischsprachigen Schweiz ausgeprägter als in der Deutschschweiz.

Stefan Vetter, Chefarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sagt, dass sich die Gesellschaft weiterhin in einer «Anpassungsphase aus den Pandemiebeschränkungen heraus» befindet. Er betont auch, dass es neue, zusätzliche Belastungen gibt wie den Krieg in Europa und die Inflation. «Neueste Untersuchungen deuten darauf hin, dass viele Menschen eine anhaltende, individuelle Krise durchleben», bilanziert Vetter.

Meldung aus factum 04/2023