Verkehrte Welt: Ein christliches Ehepaar aus Hessen, welches seine Kinder zu Hause unterrichtet und damit gegen die deutsche Schulpflicht verstösst, wird von den Behörden mit Strafanträgen verfolgt – die Kinder der Familie erzielen aber Bestnoten, wenn sie nach Jahren des Homeschooling an staatlichen Schulen den Abschluss machen.
Thomas Lachenmaier
16. September 2017

Es ist ganz offenkundig, dass der Heimunterricht den Kindern nicht schadet: Es sind fröhliche Kinder, die in einem guten Umfeld aufwachsen und mit einer Bildung und schulischen Leistung aufwarten, die meilenweit über dem steht, was die staatlichen Schulen leisten können. Jüngstes Beispiel ist das siebte der neun Kinder der Familie Schaum, die 16-jährige Elisabeth. Nach dem Hausunterricht hat sie ein Jahr lang die Abschlussklasse der Haupt- und Realschule Homberg besucht, um einen staatlich anerkannten Abschluss zu erwerben. Mit einem Notendurchschnitt von 1,1 hat sie das beste Ergebnis ihrer Klasse erzielt.

Das einzige Fach, in dem sie eine schlechtere Note als die Bestnote eins erreichte, ist Sport («befriedigend»). Die ältere Schwester von Elisabeth, Jael, erreichte vor drei Jahren eine glatte Eins in allen Fächern. Derweil gehen jedes Jahr viele Schüler nach neun oder 13 Jahren von staatlichen Schulen ab, ohne richtig lesen und schreiben zu können. Grosse Unternehmen haben längst damit begonnen, ihren Auszubildenden, die frisch von der Schule kommen, erst einmal das Schreiben beizubringen, weil die Schulen dies nicht leisten konnten. Die jüngste Tochter der Familie, berichtet Vater Thomas Schaum, müsste in diesem Jahr eigentlich eingeschult werden. Weil die Eltern ihre Tochter Anna selbst unterrichten wollen, hat das Schulamt zusätzlich zu einem bereits laufenden Strafantrag noch einen weiteren angedroht. Wie unsinnig und verwerflich das ist, sieht man daran, dass Anne schon vor ihrer Schulkarriere kann, was Tausende hessische Schüler nach einem Jahrzehnt an einer staatlichen Schule nicht können: «recht ordentlich lesen», wie ihr Vater berichtet. Auch mit den Grundrechenarten kommt die kleine Anna «einigermassen gut zurecht». Das Ehepaar wurde bereits mehrfach zu Geldstrafen verurteilt. Im letzten, inzwischen abgeschlossenen Verfahren, hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Monaten gefordert. Die Höchststrafe beträgt in Hessen sechs Monate Gefängnis. Eine zweitägige «Erzwingungshaft» musste Thomas Schaum bereits verbüssen. Eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte 2014. Die Gerichte werden nur aufgrund der Strafanträge des Schulamtes tätig, berichtet Thomas Schaum.

Nirgends müsste man besser wissen, wie miserabel die Resultate staatlich-schulischer Bildung sind. Die Pisa-Studien dürften den Schulbehörden genauso bekannt sein wie die hervorragenden Leistungen der Kinder der Familie Schaum. In vielen Ländern ist Heimschulunterricht erlaubt, so etwa in der Schweiz, in Österreich, Italien, den Niederlanden, England, Frankreich, Australien und den USA.

(Artikel aus factum 6/2017)