Die Wahrscheinlichkeit, dass die 14-Millionen-Metropole Istanbul von einem verheerenden Erdbeben getroffen werden wird, ist wesentlich grösser als bislang angenommen. Das geht aus einer Studie des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel in Zusammenarbeit mit französischen und türkischen Geologen hervor, die in der internationalen Fachzeitschrift «Geophysical Research Letters» veröffentlicht wurde.
factum-Redaktion
4. August 2016

Durch eine neuartige Methode war es erstmals möglich, die Störung in den geologischen Schichten unter dem Maramarameer zu untersuchen. Dem französisch-deutsch-türkischen Team ist es gelungen, Vermessungsgeräte auf dem Meeresboden zu installieren. Sie messen per Schall den Abstand zueinander und registrieren so, ob sich die Platten gegeneinander verschieben. Die bisherigen Ergebnisse zeigen übereinstimmend, dass sich die beiden Platten nicht übereinander und damit aneinander vorbei verschieben. Sie stehen direkt gegeneinander. «Das heisst, die Spannungen im Untergrund bauen sich weiterhin auf», betont Dr. Dietrich Lange von GEOMAR. Die Gefahr eines schweren Erdbebens schätzen die Fachleute als sehr hoch ein. Landgestützte Messungen bestätigen die Daten der maritimen Forschung. Eine der grössten Metropolregionen Europas steht auf einem geologischen Pulverfass, heisst es in einer Presse-Erklärung. Im Jahr 1999 fielen nur 75 Kilometer östlich von Istanbul rund um die Stadt Izmit 18 000 Menschen einem Erdbeben mit der Magnitude 7,6 zum Opfer.

(Artikel aus factum 6/2016)