
Viele Menschen glauben, dass die Lehre von der Göttlichkeit Jesu erst auf dem Konzil von Nizäa im Jahr 325 n. Chr. formuliert wurde. Diese Annahme hat durch Dan Browns Bestseller «The Da Vinci Code» zusätzliche Popularität erlangt. Doch war Jesus für die frühesten Christen wirklich nur ein bedeutender Prophet? Diese Frage bleibt von zentraler Bedeutung. Wenn Jesus nicht Gott ist, stellt dies den christlichen Glauben auf ein brüchiges Fundament. Die Antwort auf diese Frage kann daher unser Verständnis der frühen christlichen Theologie und ihrer Entwicklung grundlegend verändern.
Wertvolle historische Quellen
Die wertvollsten historischen Quellen über die Gottheit Jesu finden wir im Neuen Testament. Bei den darin enthaltenen Schriften handelt es sich um die frühsten Berichte über die Person Jesu und es besteht eine direkte Verbindung zu Augenzeugen. Deswegen lohnt es sich, diese zuerst zu konsultieren.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Aussagen über Jesus als Indiz für seine Gottheit gewertet werden können. Dazu gehört die Präexistenz Jesu – die Erwähnung, dass Jesus bereits vor seiner Geburt existiert hat. Auch deutet die Verwendung von Titeln wie «Sohn Gottes», «Herr» (gr. «kyrios») oder «Gott» (gr. «theos») auf seine Gottheit hin. Ein weiterer Hinweis liegt vor, wenn Jesus als Gott angebetet oder verehrt wird.
In Gottes Wort gibt es eine Reihe von Abschnitten, die in diesem Zusammenhang angeführt werden könnten. Ein Text im Neuen Testament, welcher mehrere dieser Indizien aufweist, findet sich in Philipper 2,5–11. Der Philipperbrief wurde vom Apostel Paulus verfasst. Gemäss Galater 1,18.19 und Galater 2,9 hatte Paulus zudem direkten Kontakt zu Augenzeugen. Der Philipperbrief ist spätestens auf die frühen 60er-Jahre des 1. Jahrhunderts zu datieren. Die Mehrheit der Forscher geht jedoch davon aus, dass es sich bei diesem Abschnitt um einen Hymnus (d. h. ein Loblied) oder ein Glaubensbekenntnis handelt, welches bereits vor Verfassung des Briefs im Umlauf war. Daraus lässt sich zeigen, dass bereits spätestens gegen Mitte des 1. Jahrhunderts die Ansicht vertreten wurde, dass Jesus Gott ist. Deswegen konzentrieren wir uns zunächst auf diesen Abschnitt:
«Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters» (Phil. 2,5–11).
In diesem Abschnitt geht es um Folgendes: Jesus war in der Gestalt beziehungsweise in der Form (gr. «morphe») Gottes und Gott gleich (Phil. 2,6). Er hat jedoch seinen erhöhten Status aufgegeben und die Form eines Dieners und Menschen angenommen, um als Mensch zu sterben (Phil. 2,7.8). Danach wurde er erhoben und erhielt einen Namen, «der über jeden Namen ist», sodass alle Menschen bekennen, dass er «Herr» ist (Phil. 2,9–11).
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