Mose hatte eine sehr enge Beziehung zu Gott und verbrachte viel Zeit mit ihm. Dabei trat er weniger für sich selbst, sondern vielmehr für das Volk Israel ein. Sein Vorbild wirkt bis heute nach.
Bettina Hahne-Waldscheck
26. Dezember 2024

Mose war einer der bedeutendsten Männer des Alten Testaments. Er war der Anführer der Israeliten und führte das Volk aus der Sklaverei in Ägypten in die Freiheit. Durch Monumentalfilme wie «Die zehn Gebote» (1956) mit Charlton Heston als Mose oder «Exodus: Götter und Könige» (2014) mit Christian Bale, weiss auch die säkulare Welt, dass Mose ein Held, ein Nationenführer war, der mit Gott zusammen das Meer teilte und dem ein Millionenvolk 40 Jahre lang durch die Wüste folgte. «Let my people go» («Lass mein Volk ziehen») – der Appell des Mose gegenüber dem Pharao – ist zudem seit Jahrzehnten fester Bestandteil jedes Gospelchors. Im Judentum und im Christentum wird Mose ausserdem als wichtigster Prophet betrachtet.

Bitter und Fürsprecher

Mose war aber nicht nur Nationenführer, er war auch Gebetskämpfer und Fürsprecher, der immer wieder für die Israeliten eintrat. Dazu gibt es ein bemerkenswertes Gespräch zwischen Gott und Mose, nachdem das Volk Israel aus seinem Goldschmuck ein goldenes Kalb gegossen hatte: «Der HERR sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben’s angebetet und ihm geopfert und gesagt: Dies sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben. Und der HERR sprach zu Mose: Ich habe dies Volk gesehen. Und siehe, es ist ein halsstarriges Volk. Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie verzehre; dafür will ich dich zum grossen Volk machen. Mose wollte den HERRN, seinen Gott, besänftigen und sprach: Ach, HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit grosser Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem glühenden Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheissen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheissen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig. Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk angedroht hatte» (2. Mose 32,7–14).

Was ist passiert? Mose war auf den Berg Sinai gestiegen. Während das Volk unten wartete, verbrachte Mose 40 Tage im Gebet, in Gemeinschaft mit Gott, um das Gesetz, die Zehn Gebote, zu empfangen. Dem Volk Israel war das zu lange. Sie sehnten sich nach einer Führerfigur und sagten zu Aaron: «Auf, mache uns Götter, die vor uns hergehen!» Aaron beugte sich dem Druck des Volkes und fertigte das goldene Kalb an. Die Israeliten kannten Stierbilder aus der ägyptischen Götzenkultur. Offenbar waren sie noch zu sehr in diesem alten Glauben verhaftet, um den Unterschied zum unsichtbaren, wahren Gott des Himmels zu erkennen. Sie brauchten einen Gott zum Anfassen – wenn Mose nun schon so lange fort war, sollte es wenigstens ein Goldbildnis sein, um das man tanzen konnte.

Gottes Zorn über den Götzendienst am goldenen Kalb ist so gross, dass er das Volk verzehren und ausrotten möchte. Das Volk, das von Gott auserwählt wurde, das Volk, dem er so viele Versprechen gegeben hat, scheint seine Gunst verloren zu haben. Es ist möglich, dass Gott hier einfach schauen möchte, wie Mose reagiert und ihn auf die Probe stellt. Doch sein Zorn ist echt, wie sich auch im Wechsel der Possessivpronomen zeigt. Plötzlich spricht er nicht mehr von «meinem» Volk, sondern von Moses Volk («dein» Volk, Vers 7). In Ägypten – nur wenige Kapitel zuvor – hatte Gott noch von «meinem» Volk gesprochen: «Da sprach der HERR zu Mose: Geh hinein zum Pharao und sage zu ihm: So spricht der HERR: Lass mein Volk ziehen!» (2. Mose 7,26).

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