Die meisten Metalle dehnen sich aus, wenn ihre Temperatur ansteigt. So ist zum Beispiel der Eiffelturm im Sommer rund 10 bis 15 Zentimeter höher als im Winter. «Je höher die Temperatur in einem Material, umso stärker bewegen sich die Atome – und wenn sich die Atome stärker bewegen, brauchen sie mehr Platz», erklärt Dr. Sergii Khmelevskyi von der TU Wien. Dieser Effekt ist bei vielen technischen Anwendungen äusserst unerwünscht, lässt sich jedoch nicht verhindern. «Aber», so Khmelevskyi, «man kann Materialien herstellen, in denen ein anderer, entgegengesetzter Effekt die Wärmeausdehnung fast exakt ausgleicht.»
So ist etwa Invar, eine Legierung aus Eisen und Nickel, für seine extrem geringe Temperaturausdehnung bekannt. Mit aufwändigen Computersimulationen konnten sie den Invar-Effekt im Detail verstehen, der dazu führt, dass sich bestimmte Eisen-Nickel-Legierungen kaum ausdehnen. Das liege daran, dass bestimmte Elektronen bei steigender Temperatur ihren Zustand ändern, sagt Khmelevskyi. «Die magnetische Ordnung im Material nimmt ab, und zwar so, dass sich das Material dadurch zusammenzieht.» Mit diesen Erkenntnissen entwickelten die Forscher einen sogenannten Prycholor-Magneten. Dieser besteht aus den vier Komponenten Zirkonium, Niob, Eisen und Kobalt. Über einen extrem breiten Temperaturbereich von über 400 Grad (von rund minus 270 Grad Celsius bis plus 150 Grad Celsius) ändert sich die Länge pro Grad nur um rund ein Zehntausendstel von einem Prozent. Das Material könnte besonders in Anwendungen mit extremen Temperaturschwankungen oder präzisen Messtechniken von Interesse sein, wie etwa in der Luftfahrt, der Raumfahrt oder hochpräzisen elektronischen Bauteilen.
1 https://doi.org/10.1093/nsr/nwae462
Meldung aus factum 03/2025