Dass viele wie süchtig ihre Handys und Computer benützen, ist kein Zufall. Die Hersteller der Software haben Mechanismen entwickelt, um die «User» von ihren Diensten abhängig zu machen.
factum-Redaktion
14. April 2020

Das kommt vielen bekannt vor: Nur mal kurz bei «Facebook» oder «YouTube» etwas schauen – und schon ist viel Zeit vergangen, in der man sich ziellos durch das Angebot gedaddelt hat. Mit der Strategie «Stickiness» wollen App-Entwickler erreichen, dass die Kundschaft so viel Zeit wie möglich mit ihrem Gerät verbringt («user engagement»), um die Zeit vor der Werbung zu erhöhen und möglichst oft das Handy einzuschalten («retention»). Einer der Tricks, um Nutzer abhängig zu machen, ist das «Infinite Scrolling»: Man kann ewig scrollen, ohne an einen Punkt zu kommen, der das Aufhören nahelegt, dazu einlädt. Ähnlich wie bei einer Chips-Tüte greift man so lange zu, bis die Tüte leer ist. Das Aufhören ist schwer.

Der Entwickler der «Infinite Scroll»-Technik, der frühere Mozilla-Mitarbeiter Aza Raskin, bereut inzwischen seine Erfindung. Im Gespräch mit der «BBC» sagte er, dass die Firmen bewusst Techniken entwickeln, um die Benützer abhängig zu machen. Einer dieser Tricks ist der «Pull-to-Refresh-Mechanismus»: Die Liste der Angebote aktualisiert sich beim Scrollen.

Tristan Harris, der bei «Google» arbeitete, vergleicht das mit einem Spielautomaten: Die Tech-Designer maximieren die Sucht, «indem sie die Aktion eines Benutzers (wie das Ziehen eines Hebels) mit einer variablen Belohnung verbinden». Der Suchtfaktor sei umso höher, je stärker die Belohnung variiere. Wie der Sucht-Effekt vor der Chips-Tüte kann auch dieser Mechanismus von Wissenschaftlern erklärt werden. Die Entwickler machen sich den Effekt zunutze, dass Glückshormone wie Dopamin ausgeschüttet werden.

Meldung aus factum 02/2020.