Nach dem Willen des EU-Parlaments soll es in Zukunft ein «Menschenrecht auf Abtreibung» geben. Die Entscheidung eines Mediziners, eine Abtreibung aus Gewissensgründen abzulehnen, soll künftig als «Verweigerung der medizinischen Versorgung» gewertet werden können.
factum-Redaktion
15. Oktober 2021

Dies ist Teil des sogenannten «Matić-Berichts» zur «sexuellen und reproduktiven Gesundheit» von Frauen in der Europäischen Union. Er wurde Ende Juni mit deutlicher Mehrheit angenommen. Gemäss dem Bericht sollen die EU-Mitgliedsstaaten ihre nationalen Rechtsvorschriften über Abtreibung überprüfen und anpassen.

Professor Dr. Paul Cullen, Vorsitzender der «Ärzte für das Leben», bezeichnete das Abstimmungsergebnis als «grossen Rückschlag für die Menschenrechte, das Lebensrecht und die ärztliche Gewissensfreiheit in Europa». Die Sprecherin der «Christdemokraten für das Leben» (CDL), Susanne Wenzel, sprach von einer «dunklen Stunde für Europa», in der das Töten zum Recht erklärt und das uneingeschränkte Recht auf Leben faktisch abgeschafft worden sei. Auch die Umkehrung des Rechts auf die Gewissensfreiheit, das sowohl im deutschen Grundgesetz als auch im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert sei, in einen Straftatbestand der «Unterlassung einer medizinischen Behandlung» zu verwandeln, widerspreche dem viel beschworenen europäischen Geist.

Das Salzburger Ärzteforum sprach von einem «historisch zu nennenden Anschlag auf die Menschenrechte und auf das ethische Selbstverständnis der Ärzteschaft». Das Dokument verstosse mehrfach gegen tatsächliche Rechte, wie etwa die Grundrechte auf Leben, Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit und auch gegen das Toleranzgebot gegenüber Andersdenkenden. Die Bundesvorsitzende der «Aktion Lebensrecht für Alle» (ALfA), Cornelia Kaminski, nannte es einen «brutalen Anschlag auf das Recht eines jeden Menschen auf Leben». Der ungarische EU-Abgeordnete Ernő Schaller-Baross von der Fidez-Partei kritisierte, dass das EU-Parlament «wieder einmal über die in den Verträgen klar festgelegten Zuständigkeitsbereiche hinaus» agiere. Das Parlament habe bezüglich «der sexuellen Gesundheit, der Sexualaufklärung, der Reproduktion und der Abtreibung keinerlei Befugnisse», so Schaller-Baross.

Umso grotesker ist dieser Dammbruch mit Blick auf den Entscheid der deutschen Bundesregierung von Mitte Juni, das Töten von Hühnerembryonen im Ei nach dem sechsten Bebrütungstag ab 2024 zu verbieten, weil das Schmerzempfinden ab dem siebten Bebrütungstag nicht auszuschliessen sei. Dass ein Hühnerembryo mehr Lebensschutz hat als ein Mensch, dokumentiert den moralischen Zustand der EU.

Meldung aus factum 05/2021