Jesus sagt von sich: «Ich bin das Leben.» Wer seinen Blick von sich selbst, von seiner Situation abwendet, der findet den Ruhepunkt, den er braucht im Schauen auf den, der das Leben ist.
Harro Preiss
24. Juni 2019

Das Leben muss nicht erarbeitet, geschaffen oder erzwungen werden. Es ist schon da. Ich existiere, ich lebe den Tag, erfülle halbwegs die Erfordernisse, die sich mir im Laufe des Tages stellen oder die an mich herangetragen werden. Aber: Ist das schon das ganze Leben?

Jesus sagt: «Ich bin das Leben.» Zuerst einmal scheint dieser Ausspruch keinen Aussagewert zu besitzen, keine Vorgaben zu einem neuen Leben, kein Motto zu enthalten, keine neuen Wege aufzuzeigen. Stelle ich mir diese Situation aber bildhaft vor, wie Jesus dasteht und ruft: «Ich bin das Leben!», so merke ich, wie er augenblicklich meine Aufmerksamkeit hat. Ich schaue zu ihm hin. Ich sehe auf den Rufenden. Noch bevor ich die Worte ganz aufnehme und verarbeite, sehen meine Augen auf ihn. Jetzt bin ich mir ganz sicher, dass genau das der Inhalt seiner Worte ist, diese unausgesprochene Aufforderung: «Schau auf mich!»

Meine Blickrichtung hat sich geändert. Ich ahne, dass es gut ist, erst einmal den Blick von mir selbst, meiner eigenen Situation und meiner momentanen Lebensphase abzuwenden. Die Augen brauchen einen festen Punkt, einen Ruhepunkt, den sie so finden. Aber was sehe ich da?

Ich sehe nicht mich. Ich sehe ein anderes Leben, eine ganz andere Dimension. In diesem Augenblick geht es darum, sich selbst nicht zu sehen, sondern das Leben eines anderen vor die Augen zu bekommen. Jesus bietet dazu sein Leben an. Dieses «Schau auf Jesus!» lenkt die inneren Augen nicht auf Handlungen, sondern auf diese ganz andere Dimension.

Jesus nennt sie das Reich der Himmel. Ich denke jetzt, für Träumereien ist mir meine Zeit zu schade. Ich will mich nicht wegbeamen in die Welt der Luftschlösser. Das aber ist nicht die Absicht, vielmehr bekomme ich die Chance zu einer neuen, einer ganz anderen Sicht, erkenne einen ganz anderen Werteraum und damit auch eine andere Lebensgewichtung und Lebensorientierung. Über meinem letztlich kleinen Lebensraum liegt eine vielleicht bisher noch nicht erfasste Weite – nämlich das Leben, das Jesus meint. Das Leben, das Jesus ist.

Lesen Sie den ganzen Artikel in factum 05/2019.