Er hatte alle gegen sich und trotzdem gesiegt: Donald Trump. Was ist von seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident zu erwarten? Ein Versuch, Licht in das Dickicht von Fakten und Meinungen zu bringen.
Monika Hausammann
15. Januar 2025

Donald John Trump wird, wenn alles gut geht und bis am 20. Januar nichts Unvorhergesehenes geschieht, der 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Was für ein Wahlkampfspektakel in dem uns Europäern stets fremd bleibenden, merkwürdigen Dreiländereck von Washington, Hollywood und Weltbühne! Was für eine Wahl vor den Kulissen einer Welt im Gefälle der letzten Jahre unter dem Eindruck von fragwürdigen Krisen und Kriegen. Wahlkampf und Wahl mussten ja geradezu Spektakel sein, wenn sie vor dem Hintergrund der Hysterie medialer und politischer Krisenbewirtschaftung und Feindbeschwörungen nicht verblassen wollten. Die Kandidaten mussten ja geradezu grell sein und laut, wo der von der Classe Politique und ihren Zugewandten bevorzugte Zeitgeist ein heruntergewirtschafteter Dauernarzissmus ist, der sich unter dem Mantel des Kümmerns und Fürsorgens um immer seltsamere «soziale Anliegen» oder «Opfergruppen» in Selbstdarstellung erschöpft. Es war der Wahlkampf, den wir und die Welt verdient haben. Trump hat ihn gewonnen, weil er besser war in dem Job.

Die «diverseste» Wählerschaft aller Zeiten

Kein Wunder: Bevor er Politiker ist, ist er Unternehmer und Entertainer. Aber das ist nicht das Entscheidende – dieses sind zwei Punkte: zum einen dieser, dass er im Vergleich zu Kamala Harris echt wirkt. Sie konnte einem leidtun, war sie doch der personifizierte Beweis der Tatsache, dass kein Mensch andere Menschen zu etwas führen kann, was er selbst nicht besitzt; dass niemand mehr geben kann, als er hat, und dass, wo dies dennoch gefordert wird, er sich in Lügen flüchten muss. Amerikas vernachlässigte Infrastruktur, seine auf Pump und mit Statistik-Tricks halbstabil erhaltene Wirtschaft und Währung, seine private und staatliche Rekord-Schuldenlast, seine sich rasend und schockartig durch ein laxes Grenzregime und Massenimmigration verändernde Gemeinschaft sind akute Problemherde und fordern volle Aufmerksamkeit, zügige, konkrete und umsetzbare Lösungen.

Trump adressierte all diese Pro-bleme im Wahlkampf glaubhaft und überzeugte die Leute davon, dass er sie zusammen mit ihnen und mit seinem Team ernsthaft angehen und lösen wolle und dies auch könne. Derweil sprach Harris über sich selber, ihr Geschlecht, ihre Familie, ihr Nicht-Weiss-Sein, ihren Werdegang, ihre Herkunft, ihre Religion – und das nicht einmal konsistent, sondern vom Heer ihrer Kommunikationsprofis auf die jeweilige Zuhörerschaft zugeschnitten. Sobald es aber zur Wirklichkeit Amerikas und der Amerikaner kam, blieb sie in einer seltsam distanzierten Beziehungslosigkeit und Fremdheit gefangen – aller Anbiederungsmimik und gekaufter Unterstützung zum Trotz (für Beyoncé sind 10 Millionen Dollar geflossen, für Megan Thee Stallion fünf Millionen, drei Millionen für Lizzo und 1,8 Millionen für Eminem). Die Folge war, dass ihre Reden, ihre Absichten, ihre Lösungen für den ganz normalen Amerikaner mit sich real vor seiner Haustür verschlechternden Lebensbedingungen stets im Vagen eines taktisch-psychologischen Gefallenwollens verblieben und nie zu einer Echtheit durchdrangen, die mehr als blosse Methode und Kunstgriff zu sein schien.

Der zweite für Trumps Sieg entscheidende Punkt ist, dass sich in ihm nach Jahren politischer Stammesdenke und rhetorischer Segregation endlich wieder einer Gehör verschaffen konnte, der, ohne es erwähnen zu müssen, den Menschen an sich, ungeachtet seiner Herkunft und Ethnie, seines Bildungsgrades und seines sozialen Status, ernst nimmt. Er sprach und spricht die Leute als Personen an – als Einzelne, die den Auftrag und das Vermögen zur Freiheit und damit zur Verantwortung für das eigene Leben besitzen. Deshalb hat Trump die wohl «diverseste» Wählerschaft aller Zeiten.

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