factum sprach mit dem israelischen Buchautor und Reiseleiter Assaf Zeevi über biblische Stätten in Judäa und Samaria und über das Zusammenleben von Palästinensern und Israelis.
Interview: Bettina Hahne-Waldscheck
15. Juni 2023

factum: Herr Zeevi, Sie sind in Israel aufgewachsen. Heute leben Sie am Bodensee, haben ein Haus in Israel und leiten seit 2008 Israelreisen. Wie haben Sie sich so viel Wissen über das Land und seine Geschichte angeeignet?
Assaf Zeevi: Es begann bereits in der Kindergartenzeit, bei Ausflügen mit der Familie. Schon beim Picknick stösst man auf Geschichten aus der Bibel, sei es auf einem Schild oder von den Eltern erzählt. Mit den Schulausflügen ging es weiter. Das grosse Fundament an Wissen kam mit der Ausbildung zum Reiseleiter. Dann die persönliche Vertiefung durch meine Leidenschaft für das Land und die Bibel.

factum: Wer hat Ihnen diese Liebe zur Bibel und den jüdischen Glauben vermittelt? Sie kommen ja nicht aus einer orthodoxen Familie, und viele Israelis sind säkular.
Zeevi: Die Liebe zur Bibel kommt von den Eltern. In Israel bezeichnen sich 70 bis 80 Prozent der Juden als säkular, knapp zehn Prozent als orthodox, einige wenige als religiös. Mein Vater war in jüdischer Literatur bewandert, meine Mutter für jüdische Feste und Feiertage zuständig, aber meine Eltern definieren sich als säkular. Die jüdische Praxis ist so verbindlich, dass sie den Alltag von vorne bis hinten bestimmt. Für mich war das gesammelte Wissen und das Verständnis der biblischen Geschichten der Schlüssel.

factum: Judäa und Samarien, das sogenannte Westjordanland, steht unter der Verwaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde und ist daher kein typisches Ziel für Touristenbusse. Warum hat es Ihnen gerade diese Region angetan?
Zeevi: Nicht das ganze Gebiet ist Autonomiegebiet, nur 40 Prozent, der Rest wird von Israel verwaltet. Zum einen ist es die bezaubernde Landschaft, es ist dort viel schöner als in den Ballungsgebieten an der Küste, wo ich aufgewachsen bin, es ist ursprünglicher, authentischer, weniger verändert. Aber der Hauptgrund ist ein emotionaler: Es ist unsere Wiege, die Wiege der Bibel und des Volkes Israel.

factum: Welche Orte sind dort ganz besonders für Sie?
Zeevi: Es sind so viele; Schilo, der Ebal mit dem Josua-Altar, die Wüste Judäa ...

factum: Der Ebal war einer der Berge Samariens, auf die Sie als Kind von Ihrem Zuhause in der Küstenebene Israels aus sehnsüchtig blickten, wie Sie in Ihrem Buch «Lass das Land erzählen» schrei­ben. Aber es war damals unmöglich, dorthin zu fahren. Wenn Sie in Ihrem Buch von den biblischen Stätten berichten, bekommt man eine viel bessere Vorstellung von der Geografie. Für uns sind die geografischen Angaben in der Bibel manchmal etwas mühsam.
Zeevi: Für uns Israelis sind das die spannendsten Kapitel, weil wir das direkt nachschauen können. Wir haben oft Schulausflüge in biblische Gebiete gemacht. Zum Beispiel zur Gideonquelle am Fusse des Berges Gilboa. Dort haben wir die Geschichte nachgespielt und aufmerksam gelesen. Hier wählte der Richter Gideon seine Truppen aus, um die Midianiter anzugreifen. Oder wir fuhren ins Terebinthental, um Goliath, den wir uns vorstellten, mit Steinen zu bewerfen.

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