Nach vier Jahren wurde das Strafverfahren gegen den wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung angeklagten Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, am 28. August 2024 eingestellt. Je genauer man sich dieses Ende anschaue, desto deutlicher werde, «dass es kein wirklich gutes ist», so das Fazit des Juristen und IDEA-Redaktionsleiters David Wengenroth.
factum-Redaktion
19. November 2024

Positiv ist, dass das Verfahren für Latzel nun endlich zu Ende ist. Es wurde kein Urteil gefällt und Latzel gilt nicht als vorbestraft. Im Gegenzug zahlt er 5000 Euro an die Organisation «Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben» in Bremen.

Die Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen (AG Welt) bezeichnete die Strafzahlung als eine «Schande für das deutsche Rechtssystem» und der Theologe und Publizist Dr. Lothar Gassmann sieht in der Tatsache, dass die Strafe «unbedingt an ein ‹queeres› Zentrum zu zahlen ist», eine Demütigung von Pfarrer Latzel und zugleich aller Christen, «die praktizierte Homosexualität von der Bibel her nach wie vor als Sünde ansehen». David Wengenroth schrieb, dass Latzel zufrieden sein könnte, «wenn der Vorwurf der Volksverhetzung nicht von Anfang an so absurd gewesen wäre». Latzels Äusserungen, für die er sich mehrfach entschuldigt hatte, seien gewiss «unglücklich, missverständlich und eines Pastors unwürdig» gewesen, doch «den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten sie nie», so der Jurist. Deshalb bezeichnete er auch die Bremer Justiz als eine «Verliererin dieser Gerichtsposse». Die vielleicht grösste Verliererin aber sieht Wengenroth in der Meinungsfreiheit in unserem Land. «Nicht nur viele theologisch konservative Christen fragen sich nach diesem Ende, ob sie eigentlich noch wagen können, zu gesellschaftlich umstrittenen Themen ihre Meinung zu sagen. Man werde das Gefühl nicht los, «dass einige Richter und Staatsanwälte in Bremen genau das erreichen wollten», so sein Fazit.

Unabhängig des Strafprozesses läuft bei der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) noch ein Disziplinarverfahren gegen den Pastor. Wie ein Sprecher der BEK jüngst bestätigte, werde dieses wieder aufgenommen. Einstimmig habe der Kirchenausschuss für die kircheninterne Untersuchung gestimmt. Die Kirche rechnet mit einem längeren Verfahren. Wie der Sprecher sagte, darf Latzel derzeit unter Auflagen predigen.

Latzel war vom Amtsgericht Bremen am 25. November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8100 Euro (90 Tagessätze) verurteilt worden. Der Grund für die Verurteilung waren Aussagen Laztels in einem Eheseminar seiner Gemeinde im Oktober 2019. Es wurde im März 2020 als Audiodatei auf YouTube veröffentlicht. Latzel hatte sich mehrmals für die Aussagen entschuldigt und die Aufzeichnung im Internet gelöscht. Er zog das Urteil weiter, woraufhin ihn das Landgericht Bremen am 20. Mai 2022 freisprach und das erstinstanzliche Urteil kippte. Die Staatsanwaltschaft jedoch legte Berufung ein, der das Oberlandesgericht Bremen am 23. Februar 2023 stattgab und den Freispruch des Landgerichts aufhob. Das erneute Berufungsverfahren wurde nun vor dessen Beginn am 28. August 2024 eingestellt.

Meldung aus factum 06/2024