
«Mein Leben war eine Pilgerreise. Eine Heimat hatte ich nicht. Ruhelos wanderte ich umher und fand keinen festen Wohnsitz. Jetzt aber sehe ich schon mein himmlisches Vaterland, an dessen Grenze mich mein Führer, mein Licht, Christus, gebracht hat.» Dieses Selbstzeugnis, das der Theologe und Pädagoge Comenius in seinem Spätwerk «Unum necessarium» («Das Eine, das notwendig ist») niedergeschrieben hat, lässt etwas erahnen von den Nöten und Leiden, denen der Autor in seinem Leben ausgesetzt war. Es war ein Leben, das zum einen geprägt war von einem hingebungsvollen Dienst für die Böhmische Brüderunität, deren letzter Bischof er war – und es war zum anderen ein Leben, das sich durch unermüdlichen Einsatz für eine (aus christlichem Geist gestaltete!) bessere und «menschlichere» Welt auszeichnete.
Von Ort zu Ort
Am 28. März 1592 wurde Johann Amos Comenius im mährischen Dorf Nivnice (im heutigen Tschechien), wo sein Vater Müller war, geboren. Die Familie gehörte einer Gemeinde der Böhmischen Brüderunität an, einem Zweig der reformatorischen Hussitischen Bewegung, die auf den 1415 als «Ketzer» auf einem Scheiterhaufen verbrannten Theologen Jan Hus zurückging.
Johann Amos ist erst zehn oder elf Jahre alt, als er seine Eltern verliert. Doch die achtet darauf, dass der begabte Junge eine gute Schulbildung erhält, und schickt ihn 1608 auf das von ihr betriebene Gymnasium in Prerau. Von 1611 bis 1614 besucht Comenius dann die Hochschulen in Herborn und Heidelberg, um dort Theologie zu studieren. Danach wird er Rektor des Gymnasiums in Prerau. 1618 übernimmt er als ordinierter Pfarrer der Brüderunität die Gemeinde in der mährisch-schlesischen Stadt Fulnek und leitet auch die dortige Schule.
Im selben Jahr noch heiratet Comenius. Er muss seine junge Frau sehr geliebt haben, widmet er ihr doch eines seiner vielen Bücher mit den Worten: «Mein Kleinod, mir nach dem Herrn Gott liebstes». Doch das eheliche Glück währt nur kurz. Inzwischen ist der Dreissigjährige Krieg ausgebrochen. Als die böhmischen Stände 1620 in der Schlacht am Weissen Berg bei Prag den katholischen Habsburgern unterliegen, veranlasst Kaiser Ferdinand die Zwangskatholisierung Böhmens und Mährens. Die überwiegend evangelische Bevölkerung steht vor der Wahl: Übertritt in die katholische Kirche oder ein Leben im Untergrund beziehungsweise in der Emigration. Viele wählen Letzteres.
Während sich Comenius an wechselnden Orten versteckt, bleibt seine schwangere Frau mit ihrem erstgeborenen Kind noch in Fulnek zurück. Hier bringt sie auch ihr zweites Kind zur Welt. Doch bereits 1622 sterben sie und ihre beiden kleinen Jungen an der Pest. Wie unsäglich ihr Mann in jener Zeit gelitten haben muss, welche Ängste er selbst als ein von Ort zu Ort gehetzter Flüchtling durchzustehen hatte und auf welche Weise er aber auch seine schweren Anfechtungen überwand, das machen folgende Sätze deutlich, die er einige Jahre später niederschrieb:
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