Die deutsche Bundesregierung hat das Gesundheitswesen dem Zugriff durch private Unternehmen geöffnet und den Datenschutz der Krankenversicherten und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung drastisch eingeschränkt.
Thomas Lachenmaier
13. November 2020

Den Krankenkassen ist es jetzt erlaubt, Anteile an Investmentfonds zu erwerben und in der medizinischen Versorgung Kooperationen mit Unternehmen einzugehen. Zudem erhielten die Krankenkassen im «Digitale-Versorgung-Gesetz» (DVG) die Möglichkeit, die bei ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten der 73 Millionen Versicherten für ein individualisiertes «Angebot» auszuwerten. Eine zunächst im «EPA-Gesetz» (Elektronische Patientenakte) festgeschriebene Einwilligungserfordernis der Versicherten wurde gestrichen. Ulrich Kelber, «Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit», äusserte sich besorgt. Er sehe hier «einen empfindlichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Versicherten».

Es bestehe «die Gefahr, dass eine derartige ‹Datenrasterung› einen weiteren Baustein zur zukünftigen Komplettierung des ‹gläsernen Versicherten› liefert». Das von Gesundheitsminister Spahn vorangetriebene Gesetz kann auch kritisch gesehen werden vor dem Hintergrund des zunehmenden Einflusses von privaten Unternehmen und Lobby-Organisationen – etwa der Pharmaindustrie – auf Gesundheitsbehörden.

Meldung aus factum 06/2020.