Der Liedermacher und Pastor Jörg Swoboda über den Auftrag, den die Christen an den Migranten haben. Er kritisiert den Kleinmut der Kirche und fordert ein klares Bekenntnis zur Frohen Botschaft.
Thomas Lachenmaier
6. Februar 2016

Jörg Swoboda, Pastor i. R. und ehemaliger Dozent am Theologischen Seminar des Bundes Ev.-Freikirchlicher Gemeinden in der DDR (Buckow/Märkische Schweiz), hat schon unter dem DDR-Regime klar das Evangelium bekannt. Im Dezember wurde er als Vorsitzender der «Deutschen Evangelistenkonferenz» einstimmig wiedergewählt. factum sprach mit Jörg Swoboda, der auch einer der bekanntesten christlicher Liedermacher Deutschlands ist, über die Haltung von Verantwortlichen der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zur Mission unter Muslimen.
 
factum: Hunderttausende, meist muslimische Migranten kommen nach Europa. Sie brauchten «Mitmenschlichkeit, nicht Mission», sagt Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). Wie wirkt das auf Sie?
Jörg Swoboda: Sind also Diakonie und Mission doch nicht die zwei Seiten des einen christlichen Auftrages, wie immer behauptet? Nach den bombastischen programmatischen Erklärungen zum Thema Evangelisation ist diese Äusserung ein merkwürdiger Zungenschlag. Mission unter Menschen in Not ist also für Herrn Dröge ein Gegensatz zu Mitmenschlichkeit? Das verstehe, wer will. Die heimatlosen Menschen brauchen doch gerade jetzt die Botschaft, dass nicht Deutschland ihre Rettung ist, sondern dass nur Jesus der Retter ist und wir nur durch ihn bei Gott eine Heimat für unser Herz finden können.

factum: Wenn es um die biblischen Grundlagen geht, wirken manche Verlautbarungen der EKD kleinmütig. Mit dem Missionsauftrag hat sie ebenso ein Problem wie mit der Gottessohnschaft Jesu und damit, dass Jesus nicht nur als Retter, sondern auch als Richter der Welt wiederkommen wird. Ist Jesus Christus der EKD peinlich?
Swoboda: Diesen Eindruck habe ich tatsächlich. Wie zeigt man am einfachsten, dass ein Stock krumm ist? Man legt einen geraden daneben. Wenn ich also auf der einen Seite wiederholt lese, wie leisetreterisch sich evangelische Amtsträger über den Herrn der Kirche äus-sern, und dies auf der anderen Seite mit den klaren Aussagen der Apostel über die Einzigartigkeit von Jesus vergleiche, dann ist mir klar, weshalb die Vollmacht fehlt und die Austrittswelle anhält. Und schon gar nichts verspüre ich von der «Freude, die allem Volk widerfahren soll». Jesus selbst ist die Freude, die Gott allen Menschen gemacht hat. Doch die kann man nur erleben und verkündigen, wenn man Jesus ohne Wenn und Aber glaubt, dass er wirklich «der Weg, die Wahrheit und das Leben» ist.

Sobald Theologen in diesem zentralen Punkt wackeln, macht sich Verunsicherung breit. Das ist bei den Predigten zu hören und an den leeren Gottesdiensten zu sehen. Der Kern des Problems ist also die Frage nach der Glaubwürdigkeit und Geltung der Heiligen Schrift. Zinzendorf fragte: «Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn?» Antwort: Auf nichts. 

(Interviewauszug aus factum 01/2016)