«Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre» (Jes. 53,4).
Pfr. Ulrich Kronenberg
14. Februar 2023

Hier steht uns eine einzigartige Aussage vor Augen: die Tatsache, dass Jesus Christus, der Knecht Gottes, stellvertretend unsere Sünden getragen hat und für uns gestorben ist am Kreuz auf Golgatha. Mit Recht nennt es der grossartige Franz Delitzsch «das Zentralste und Tiefste und Höchste, was die alttest. Prophetie, sich selber überflügelnd, geleistet hat».1 Luther sagt sehr deutlich: «Hier ist der Artikel der Rechtfertigung, dass man glaube, das Christus ‹für uns› gelitten habe. … wer diese Stelle recht inne hat, der hat den Inbegriff des ganzen Christentums. … Wenn dies wahr ist, dann muss man alle Werke, und alle Verdienste, auf die in gottloser Weise Vertrauen gesetzt wird, wegwerfen, und wir müssen auch von uns selbst abtreten, und schlechterdings von ganzem Herzen auf eine fremde Gerechtigkeit (dignitas aliena) uns verlassen, so dass wir gleichsam zwischen Himmel und Erde schweben, und an die Gerechtigkeit glauben, welche wir mit unseren Sinnen nicht erlangen können, sondern die uns durch das Wort dargeboten wird. Und daher kommt es, dass man diese Lehre nicht lernen kann, es sei denn, der Heilige Geist ist der Lehrer. … Christus wird für uns gestraft, was die Vernunft niemals begreifen kann.» Dieses Wort, das Gott durch seinen Boten Jesaja spricht, gehört zum sogenannten vierten Gottesknechtslied (Jes. 52,13–53,12). Hier wird all das verheissen, was Jesus als der Knecht Gottes erfüllen wird. Bis in die Einzelheiten des Erdenweges Jesu hinein wird dieser grossartige Rettungsplan Gottes angekündigt und durchgeführt. Alle Verheissungen werden in ihm erfüllt. Und von dieser Stelle aus werden auch die messianischen Psalmen 22 und 110 deutlicher und auf dieses rettende Heilswerk Gottes bezogen. Hier passiert das, was Jesus in Emmaus den beiden Jüngern tat, als er ihnen die Schrift auslegte und sie auf einmal klar den Weg Gottes erkannten und alles Leiden und Sterben Christi den entscheidenden Sinn bekam. Deshalb müssen wir diese Kronjuwelen des Alten Testaments in Kopf und Herz bewegen. Begreifen kann man dies mit menschlicher Vernunft nicht und deshalb stossen sich auch die Gottlosen an diesem entscheidenden Glaubensartikel der Rechtfertigung, weil es hier eben göttlich zugeht und nicht menschlich – genau davor hat Christus Petrus ja mit schärfsten Worten gewarnt. Matthäus 16,23: «Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh weg von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.»

1    Delitzsch, F. (1889). Commentar über das Buch Jesaia (C. F. Keil & F. Delitzsch, Hrsg.; Vierte durchaus Neubearbeitete Auflage, Bd. 1, S. 512). Dörffling & Franke.

Aus factum 02/2023