Bei der Einführung von Pro-Sterbehilfe-Gesetzen spielen ökonomische Interessen eine grössere Rolle als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, kritisiert die Bioethikerin Susanne Kummer. Die Geschäftsführerin des Wiener Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) verweist auf eine aktuelle kanadische Studie, in der berechnet wird, inwieweit durch aktive Sterbehilfe Geld im Gesundheitssystem eingespart werden kann.
factum-Redaktion
4. März 2017

Für Kanada wären das bis zu 139 Millionen Dollar jährlich, schreiben die Autoren, die unter dem Titel «Kostenanalyse von medizinischer Sterbehilfe» aktuell im offiziellen Organ der Kanadischen Ärztekammer, dem Canadian Medical Association Journal (CMAJ), ihre Studie veröffentlichten.

Ihre Analyse solle nicht «als Plädoyer für aktive Sterbehilfe als Mittel der Kostenreduktion verstanden werden», versichern die Autoren der Studie – um dann eine penible Auflistung des positiven Effekts für die Kassen des Gesundheitssystems zu präsentieren. «Allein die Tatsache, dass Töten auf Verlangen und assistierter Suizid mit Kosteneinsparungen in Relation gesetzt werden, ist ein fatales Signal an die Gesellschaft. Der Druck, sich aus Kostengründen frühzeitig aus dem Leben zu verabschieden, steigt damit», so die Bioethikerin. «Angesichts der demografischen Entwicklungen und der Kostenspirale im Gesundheitswesen wird der Ruf nach einer Legalisierung von Euthanasie noch lauter werden», warnt Kummer.

Erst seit Juni 2016 ist in Kanada sowohl aktive Sterbehilfe als auch assistierter Suizid landesweit erlaubt. Allein von Juni bis Dezember 2016 starben in Kanada 774 Personen durch Tötung auf Verlangen, das sind vier Kanadier pro Tag. Die Autoren prognostizieren analog zu den Niederlanden eine Steigerung auf bis zu vier Prozent aller Todesfälle durch aktive Sterbehilfe. Im Jahr 2015 starben in den Niederlanden 5516 Menschen durch Euthanasie, zehnmal mehr als im Strassenverkehr.

(Artikel aus factum 2/2017)