Francis Bacon erkannte: «Wer Gott leugnet, der zerstört die menschliche Würde.» Unsere Reaktion auf die über uns hereingebrochene Zeitenwende offenbart, wes Geistes Kind wir sind.
Rainer Urban
17. April 2023

Unlängst traf ich mich mit Freunden in der Hansestadt Hamburg. Keine Frage, dass wir – neben vielen anderen Sehenswürdigkeiten – auch die Michaeliskirche, die bedeutendste Barockkirche Norddeutschlands und Wahrzeichen Hamburgs, aufsuchten. Im Nachhinein stellte ich fest, dass sich genau am Tag unseres Besuchs der Todestag von Helmut Schmidt zum siebten Mal jährte.

Ich erinnere mich an die Übertragung des Trauergottesdienstes am 23. November 2015, zu dem 1800 Gäste aus aller Welt kamen. Berührend und von Helmut Schmidt erwünscht, war das wohl bekannteste deutsche Abendlied «Der Mond ist aufgegangen», welches von einem grossen Chor vorgetragen wurde. Geschrieben hat es der «Wandsbeker Bote», Matthias Claudius (1740–1815, s. a. «Lass dein Heil uns schauen», factum 04/22, S. 54), den Helmut Schmidt einst «den frommen Aufklärer und begnadeten Naiven» nannte. Doch das «viel Kluges und Zeitkritisches» in seinen lyrischen Werken steckte, stellte Bestsellerautor Martin Geck in seiner Biografie über Matthias Claudius beeindruckend heraus.

Der Dichter und treusorgende Familienvater lebte in einer unruhigen Zeit, die besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Aufklärung damit begann, die Fundamente des Glaubens und zentrale Aussagen der Heiligen Schrift in Frage zu stellen. Doch diese atheistischen Tendenzen beschrieb bereits der grosse englische Gelehrte und «Vater der modernen Wissenschaftsmethodik», Francis Bacon (1561–1626), in seinem Aufsatz «Vom Atheismus» (1601). Er erörterte die Frage, weshalb sich immer mehr gebildete Menschen vom christlichen Glauben abwandten. Zum einen benannte er die Gier und Unmoral einzelner Kirchenleute, theologische Rechthabereien und – für ihn mitentscheidend – der zunehmende Wohlstand. In letzter Konsequenz, so Bacon, würde die selbstherrliche Abkehr von Gott zum Verlust der Menschlichkeit führen. «Wer Gott leugnet, der zerstört die menschliche Würde. ... Wenn er durch seinen Geist nicht Gott verwandt ist, dann ist er ein gemeines und würdeloses Lebewesen.» Welch prophetischer Weitblick.

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