In Berlin nimmt der Streit um christliche Symbole immer bizarrere Formen an. Jetzt soll auf der Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses, die schon weit fortgeschritten ist, nicht mehr wie einst auf der Kuppel ein Kreuz stehen. Die Stiftung «Zukunft Berlin» erklärte, heute passe «kein religiöses Symbol mehr auf das Ganze».
Thomas Lachenmaier
4. Juli 2017

In einer Mitteilung der Stiftung heisst es: «Unterm Kreuz? Das klingt nach 19. Jahrhundert und nach christlicher Leitkultur.»

Unter dem Namen «Humboldt Forum» soll das rekonstruierte Stadtschloss von 2019 an als Kunst- und Kommunikationszentrum fungieren. Ursprünglich sollte die wiederaufgebaute Preussen-Residenz originalgetreu, «nach historischem Vorbild», rekonstruiert werden. Am obersten Punkt des Bauwerks soll jetzt aber Abstand von dem Vorsatz der Originaltreue genommen werden. Das Kreuz stört.

Die «Süddeutsche Zeitung» versteigt sich zu der Aussage, «im Zweifel» stehe das Kreuz für «eine Absage an ein friedliches, gleichberechtigtes Zusammenleben der Religionen und Kulturen» und bringt das Kreuz gegen «Versammlungs-, Rede- und Pressefreiheit» in Stellung. Eine andere Position vertritt der Präsident des Fördervereins «Berliner Schloss», der Philosoph und Theologe Richard Schröder. Es sei nicht recht, das Kreuz so zu behandeln wie die Symbole zu Recht verbotener Organisationen. Das Kreuz sei «kein vergiftetes Symbol, auch wenn es oft – wie alles in der Welt – missbraucht worden» sei. Wer gegen dieses Kreuz sei, müsse konsequenterweise auch die Entfernung aller Gipfelkreuze fordern. Das wäre dann «ein merkwürdiger Sieg magischen Denkens – und eines atheistischen Fanatismus, der nicht angenehmer ist als die anderen Fanatismen». Wie weit dies schon gediehen ist, zeigt auch die Forderung der Berliner Ortsgruppe des «Humanistischen Verbandes». Dieser forderte, anstatt des Kreuzes ein Mikroskop auf der Kuppel des Gebäudes zu installieren.

Der Kampf gegen das Kreuz wird in Berlin, das manche stolz als «Hauptstadt des Atheismus» definieren, an mehreren Fronten gefochten. So untersagte jetzt eine staatliche Schule einer Lehrerin, mit einem Kreuz an einer Halskette zu unterrichten. Als die Pädagogin mit einem Fischsymbol zur Arbeit erschien, wurde ihr auch dieses verboten. «Wenn es ein religiöses Symbol ist», beschied die Schulaufsicht, «muss es abgenommen werden.» Das Fischsymbol stammt aus der Zeit der Urchristenheit. Die altgriechische Bezeichnung für «Fisch» lautet «Ichthys». Dabei stehen die einzelnen Buchstaben des Wortes auf Griechisch für die jeweiligen Anfangsbuchstaben des kurzen Glaubensbekenntnisses: Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter.

Kritik an dem Kreuz-Verbot an staatlichen Schulen kam unter anderem von dem Bundesvorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel: «Das Kreuz gehört wesentlich zu unserer kulturellen und historischen Identität in Deutschland. Es ist insofern geradezu absurd und zeugt von wenig Sensibilität vonseiten der Berliner Schulaufsicht, wenn eine evangelische Lehrerin genötigt wird, ihre Kreuzkette abzulegen.» Für das Recht, ein christliches Symbol tragen zu dürfen, hatte sich auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, ausgesprochen: «Wir setzen uns für die Freiheit ein, ein Kreuz zu tragen.»

(Artikel aus factum 5/2017)