Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat zum ersten Mal ein Urteil zu gleichgeschlechtlicher Elternschaft bei Leihmutterschaftskindern gefällt: Die Schweiz muss zur Wahrung des «Kindeswohls» die Elternschaft zweier Väter anerkennen, die durch ein ausländisches Gericht besiegelt wurde.
factum-Redaktion
14. Dezember 2022

Die beiden Männer liessen in den USA ein mit den Samenzellen eines der beiden Männer gezeugten Kindes von einer Leihmutter austragen. Die US-Behörde bezeichnete in der Geburtsurkunde 2011 beide Männer als rechtliche Väter. Die Schweiz hingegen anerkannte nur den biologischen Mann als Vater. Die Männer klagten bis vor das Bundesgericht erfolglos. Nach einer Gesetzesänderung konnte der zweite Mann das Kind 2018 adoptieren.

Der EGMR sah in der verweigerten Anerkennung des Vaterrechts nun einen Verstoss gegen das Kindeswohl. Die Rechte des Kindes dürften nicht von der sexuellen Orientierung der Eltern abhängen. Es sei unverhältnismäs­sig gewesen, dem Kind eine verlässliche rechtliche Bindung an den zweiten Mann zu verweigern, so die Strassburger Richter. Dass die beiden Männer zuvor wissentlich gegen das Schweizer Verbot einer Leihmutterschaft verstossen hatten, spielte dabei keine Rolle.

Meldung aus factum 01/2023