Das Familienministerium unterstützt eine neu geschaffene «Meldestelle Anti­feminismus» unter dem Dach der Amadeu-Antonio-Stiftung. Bürger können hier anonym Personen, Einrichtungen und Vorfälle melden, die sie für «antifeministisch» halten. Es sollen explizit auch «Vorfälle» gemeldet werden, die «unterhalb der Strafbarkeitsgrenze» liegen.
Thomas Lachenmaier
17. April 2023

Das Spektrum dessen, was hier als gefährliche Gesinnungstat gemeldet werden soll, ist offen für alles. Es geht um «die Erfahrungen der Betroffenen», es zählt das Gefühl, nicht rechtliche Relevanz. Es umfasst auch die Kritik an der «gendergerechten Sprache» und damit an einer Praxis und einem Polit-Jargon, der sprachwissenschaftlichen Ansprüchen widerspricht und von einer Mehrheit der Bevölkerung intuitiv und mit allem demokratischen Recht abgelehnt wird.

Es hat schon ein deutliches «Gschmäckle», wie man in Schwaben sagt, dass die Leiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, als ehemalige Stasi-Mitarbeiterin ihr Geld in der DDR unter anderem als professionelle Denunziantin verdient hat. Wortreich reklamierte sie für sich immer eine Art Unschuldsvermutung betreffs der negativen Folgen für unschuldige Menschen bei ihrer nachgewiesenen Stasi-Tätigkeit. Bei der Anlaufstelle für Spitzel tritt an die Stelle einer Unschuldsvermutung hingegen ein Generalverdacht, wie der Publizist Henryk Broder feststellt – «bedrohen und denunzieren – alles natürlich reinen Herzens und zum Wohle der Gesellschaft».

Auch im Ausland wird die Arbeit des «Antifeminismus-Monitoring-Team» kritisch gesehen. Eine Schweizer Wochenzeitung erinnert an die Coronazeit, als man «der Leidenschaft für Denunziation unverfroren nachgehen konnte, wenn beim Nachbarn plötzlich fünf Paar Schuhe statt nur zwei vor der Tür standen oder im Restaurant die Abstandsregeln nicht eingehalten wurden». Es gehe bei der Meldestelle «nicht um Frauenfeindlichkeit, sondern um ein weiteres Instrument zur Cancelung von Kritikern einer Ideologie, die biologische Tatsachen zur Hassrede stilisieren will». Die Neue Zürcher Zeitung schreibt: «Besonders perfide ist die Vermischung von Gewalttaten mit harmlosen Aussagen, die klar von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. So stellt man Politiker, die sich gegen das Gendern positionieren, oder Medien, die kritisch über die Auswüchse der Trans-ideologie berichten, auf eine Stufe mit Kriminellen.» Auch das Melden von Nachbarn, Dozenten oder Vorgesetzten sei zulässig, die Bürger seien gezwungen, durch Steuergelder «ihre eigene Diskreditierung zu finanzieren». Daran sei «nichts antifeministisch, aber alles antidemokratisch und illiberal». Denunziation stehe «im Gegensatz zu den Werten einer liberalen Gesellschaft, für die die Stiftung angeblich eintreten will». Ein «staatlich finanzierter Pranger für Meinungen» sei in einer pluralistischen Gesellschaft «nicht fortschrittlich, sondern autoritär».

Bemerkenswert ist auch, dass die praktische Ausübung einer überaus fragwürdigen Gesinnung von der Regierung gewissermassen ausgelagert wird an NGO’s, so wie das ja inzwischen in vielfältiger Weise geschieht. Dadurch, dass die Politik mit in der Summe gewaltigen Beträgen nichtgewählte Organisationen finanziert, erhalten immer häufiger Einrichtungen, die demokratisch nicht durch Wahlen legitimiert sind, politische Macht und Einfluss. Und es ist keine geringe Sache, Geld dafür zu bekommen, dass man zur Anlaufstelle für Denunzianten, Spitzel, Political-Correctness-Informanten und Blockwarte wird.

Meldung aus factum 03/2023