Damit reiht sich Frankreich neben Schweden, Finnland und Grossbritannien in die Reihe jener Länder ein, die aggressive Transgender-Behandlungen bei Kindern ablehnen. Nach den neuen Leitlinien der Nationalen Akademie für Medizin in Frankreich zur medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie könnten sich die Eingriffe auf keine ausreichende Studienlage stützen und seien damit nicht evidenzbasiert. «Hier findet offenbar ein Umdenken statt, dass sich an den medizinethischen Grundprinzipien orientiert. Das Prinzip des Nicht-Schadens und Wohltuns hat Vorrang gegenüber vermeintlicher Selbstbestimmung oder experimenteller Wunschmedizin», sagt die Wiener Ethikerin Susanne Kummer vom «Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik» IMABE.
Die Fachexperten sind angesichts des «epidemieartigen» Anstiegs der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit Transidentität bei Kindern und Jugendlichen besorgt. Das «Risiko einer Überdiagnose» sei real. Dies zeige sich durch die wachsende Zahl junger Erwachsener, die sich eine Detransition wünschen, bei der die Geschlechtsumwandlung wieder rückgängig gemacht wird. Anstatt Kinder und Jugendliche schnell auf einen Trans-Weg zu drängen, sollte die Phase der psychologischen Betreuung daher möglichst ausgedehnt werden, so die Akademie.
In Frankreich dürfen sich Jugendliche ab 14 Jahren einer hormonellen und chirurgischen Geschlechtsänderung unterziehen. In Deutschland soll die Möglichkeit solcher Operationen bei Minderjährigen noch in diesem Jahr durch ein sogenanntes «Selbstbestimmungsgesetz» legalisiert werden.
Meldung aus factum 04/2022