Ein historischer Markstein: Das Erdogan-Regime in der Türkei hat aus dem einstigen Zentrum der Christenheit, der 537 nach Christus geweihten Hagia Sophia, wieder eine Moschee gemacht.
Heinz Gstrein
13. Januar 2017

Zum ersten Mal seit Umwandlung der Hagia-Sophia-Moschee in ein Museum vor 81 Jahren durch Kemal Atatürk wurde Ende Oktober von der staatlichen türkischen Religionsbehörde (Diyanet) wieder ein Moschee-Vorsteher (Imam) für das ursprünglich christliche Gotteshaus eingesetzt. Das stellt einen weiteren Schritt Richtung «Moscheeisierung» der Hagia Sophia dar. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sofort der Diyanet zu dieser Verfügung gratuliert.

Von christlichen Kreisen in der Türkei wird der Zeitpunkt der Imam-Einsetzung ausgerechnet zum 25-jährigen Amtsjubiläum des Konstantinopler Patriarchen Bartholomaios I. als gezielte Provokation gewertet: Die Hagia Sophia war vom 6. Jh. bis zur osmanischen Eroberung 1453 als «Grosse Kirche Christi» Sitz der orthodoxen Patriarchen und wird bis heute in kirchlichen Dokumenten als solcher angeführt.

Die vom Regime Erdogan gleichgeschalteten türkischen Medien begrüssten die Einsetzung des ständigen Imams hingegen als «Erfüllung eines Wunsches des türkischen Volkes» und wiesen darauf hin, dass dieses nun auf die volle Beendigung des musealen Status der Hagia Sophia und ihre ausschliessliche Wiederverwendung als Moschee warte, wie sie es von 1453 bis 1935 gewesen war.

(Artikelauszug aus factum 9/2016)