Vor dem Zweiten Weltkrieg bestand in der Ukraine mit 2,7 Millionen Menschen die drittgrösste jüdische Gemeinschaft in Europa. Als die Wehrmacht 1941 die Ukraine erreichte, bedeutete das den Tod von 1,5 Millionen ukrainischen Juden. Erst vor wenigen Jahren begann die Untersuchung dieses Genozids. Ein Buch, ein Bildband und ein Film würdigen die Überlebenden der Verbrechen.
Thomas Lachenmaier
22. Januar 2016

Der amerikanische Fotograf Stephen Shore ist ein zurückhaltender, sorgsamer Chronist. Für seinen Bildband («Survivors in Ukraine», 175 Fotografien, ein Essay [englisch] von Jane Kramer, Phaidon Verlag) reiste er in die Ukraine, um Zeugnis zu geben von den Menschen, die dem Verbrechen entgingen. Es sind stille, unspektakuläre Bilder der betagten Menschen und ihrer ärmlichen Umgebung: Wohnungsdetails, Gärten, Menschen, die beisammensitzen. Im Bild: Alexandra Futeran aus dem Dorf Tomashpil.

Dass dieses Geschehen aus dem Dunkel des Vergessens geholt wird, ist Patrick Desbois zu verdanken. Er konnte mit zahlreichen Zeugen der Verbrechen sprechen, die ihm dankbar für seine Fragen waren. Es konnten Hunderte Tatorte und zahlreiche Massengräber identifiziert werden (Patrick Desbois: Der vergessene Holocaust – Die Ermordung der ukrainischen Juden. Eine Spurensuche. Berlin Verlag). Auch der Dokumentarfilm «Shoah durch Erschiessen» (www.absolutmedien.de) reflektiert diese Ereignisse. Desbois weist auf den engen Zusammenhang zwischen dem Gebot «Du sollst nicht töten» und dem jüdischen Volk hin. Hitler habe diesen Zusammenhang «mit böser Intuition» erfasst und – um das biblische Verbot aufzuheben – versucht, dieses Volk auszulöschen. Das ist nicht gelungen. Am Israel chai – das Volk Israel lebt. Die Verbrechen werden nicht vergessen. Daran haben auch dieser Film und diese Bücher ihren Anteil. Gott steht auf ewig zu seinem Volk. Dieses Versprechen lesen wir in einem anderen Buch: der Bibel.